Anthroposophie
Die anthroposophische Medizin ist ein ganzheitliches und umfassendes Medizinsystem, das sich seit mehr als 80 Jahren auf der ganzen Welt verbreitet und weiterentwickelt. Sie versteht sich als eine Erweiterung der naturwissenschaftlichen Medizin durch geisteswissenschaftliche Forschungsmethoden.
Sie wird von schulmedizinisch ausgebildeten Ärzten /-innen und Krankenschwestern bzw. -pflegern mit qualifizierter Zusatzausbildung, sowie von langjährig geschulten Therapeuten/-innen – sowohl ambulant wie auch stationär in speziell dafür eingerichteten Kliniken und Spitälern – ausgeübt.
Erweiterung der naturwissenschaftlichen Medizin
Die anthroposophische Medizin versteht sich als eine Erweiterung der naturwissenschaftlichen Medizin durch geisteswissenschaftliche Forschungsmethoden. Die Ausrichtung am Wesen des Menschen und seinen seelischen und geistigen Bedürfnissen macht diese Medizin patientenzentriert und menschenfreundlich. Alle Massnahmen werden an den individuellen Bedürfnissen der Kranken orientiert. Das diagnostische und therapeutische Konzept wird immer am konkreten Einzelfall entwickelt. Es wird grossen Wert darauf gelegt, die Patienten/-innen in umfassender Weise über ihren Zustand zu informieren und aktiv am Gesundungsprozess zu beteiligen. Ebenso wird auf eine möglichst bewusste Lebensführung (Gesundheitsförderung) und Krankheitsvorsorge (Prävention) geachtet.
Unterstützung der Selbstheilungskräfte
Im Vordergrund einer Behandlung steht immer die Anregung und Unterstützung der Selbstheilungskräfte. Diese werden durch die anthroposophische Geisteswissenschaft differenziert beschrieben als Tätigkeiten des Lebens-, Seelen- und Geistorganismus. Mit Hilfe äusserer Anwendungen und homöopathischer oder aus anthroposophischer Erkenntnis stammender Heilmittel wird in der anthroposophischen Medizin ebenso gearbeitet, wie auch mit speziell dafür entwickelten künstlerischen Therapien.
Anthroposophische Heilmittel
Anthroposophische Heilmittel sind ganzheitlich konzipierte Kompositionen aus Grundstoffen mineralischen, pflanzlichen oder tierischen Ursprungs. Aber nicht nur die Inhaltsstoffe, auch die Art der Verarbeitung spielt eine entscheidende Rolle bei der Herstellung: Verschiedene Produktionsverfahren sind auf die Wirkungsweise der vier Wesensglieder abgestimmt. Je nach gewünschter Wirkung wird eine Natursubstanz verfestigt, verflüssigt, destilliert, extrahiert, rhythmisiert oder verbrannt. Auch die Form des Heilmittels – ob Tablette, Tropfen, Salbe, Pulver oder Injektionslösung – weist eine Beziehung zu demjenigen Wesensglied auf, bei dem die Heilung ansetzen soll. Bekannte anthroposophische Heilmittel sind Mistelpräparate zur Krebsbehandlung, sowie weitere Pflanzenpräparate, Arzneimittelkombinationen aus homöopathischen Präparaten, mit Pflanzen gelöste Metalle, Metallsalben sowie Öle und Tinkturen für Wickel, Einreibungen und Bäder. Anthroposophische Arzneien sprechen die Selbstheilungskräfte an und unterstützen gezielt natürliche Lebensprozesse. Sie werden daher nicht nur in der ärztlichen Therapie eingesetzt, sondern eignen sich grösstenteils auch für die Selbstmedikation.
Anthroposophische Kunsttherapien
Die anthroposophischen Kunsttherapien setzen das Plastizieren und Malen, die Musik, Sprache und Bewegung ein, um die körpereigenen Regenerationskräfte anzuregen und die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Lebensvorgänge und Organfunktionen, deren natürlicher Rhythmus aus dem Gleichgewicht geraten ist, werden durch künstlerisches Gestalten ausgeglichen und gekräftigt. Therapeutinnen und Therapeuten entwickeln in Absprache mit den behandelnden Ärzten /-innen individuelle Übungen und Übungsfolgen. Die Patienten/ -innen erfahren sich dabei nicht als passiv Erleidende, als «geduldig auf Wirkung Wartende», sondern tragen durch ihre eigene Aktivität wesentlich zum Heilungsprozess bei.
Das plastisch-therapeutische Gestalten bringt Vorstellen, Erleben und Handeln in ein lebendiges Wechsel - spiel. Unterschiedliche Materialien wie Ton, Holz, Stein, Gips oder Sand werden dabei mit den Händen oder mit Werkzeugen geformt. Die Maltherapie fördert das Erleben und Gestalten von Farbqualitäten und Farbkombinationen. Verschiedene Malmethoden regen gezielt seelische Prozesse und Organtätigkeiten an, entspannen den Organismus und führen zur Vertiefung der Erlebnisqualität. Die Musiktherapie setzt Töne, Intervalle, Melodien, Harmonien und Rhythmen ein, die auf unterschiedlichen Instrumenten gespielt, gesungen oder auch mit wachem Ohr angehört werden. Die bewusst gewählten Klänge und Klangfolgen wirken auf Körper, Seele und Geist und setzen Selbstheilungskräfte frei.
Die therapeutische Sprachgestaltung in der Anthroposophie stärkt durch bewusste Arbeit mit Atem, Stimme, Lautbildung und Geste das Immunsystem und das Selbst. Neben Sprech- und Bewegungsübungen werden auch verschiedene dichterische Elemente aus Epik, Lyrik und Dramatik therapeutisch eingesetzt. Die Heileurythmie kann im weitesten Sinn als Bewegungstherapie bezeichnet werden. Die Patienten/ -innen setzen dabei Klänge, Laute und Sprache in Gesten um. Differenzierte Bewegungsabläufe regen Prozesse an, die den Vorgängen im gesunden Organismus entsprechen und Körper, Seele und Geist unterstützen, das ursprüngliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Die individuellen Übungsreihen folgen einem Therapieplan, der je nach betroffenem Organ, Krankheitsverlauf, Konstitution und seelischer Verfassung in enger Zusammenarbeit zwischen Ärzten/- innen, Therapeuten/-innen und Patienten/-innen zusammengestellt wird.